Das neue World Handicap System

Die Gründe, warum die Idee zu diesem neuen System geboren wurde, sind vielschichtig. Ein paar davon legte schon ÖGV-Generalsekretär Robert Fiegl in einem Gespräch anlässlich der ÖJGM in Graz dar: Mutmaßlich ging es der USGA und R&A vorwiegend um den Zugriff auf die Daten ALLER Golfer – und das weltweit. Wir alle wissen: Daten sind das neue Gold. Exakt in dieser Tonalität argumentiere auch kürzlich der Callaway-CEO die Vorteile der Fusion seines Unternehmens mit dem „Fun-Range“ Anbieter „Topgolf“ in einem Interview mit www.golfdigest.com.
Die Landesorganisationen in der EGA und auch der ÖGV haben das Wichtigste hinsichtlich Daten-Zugriff verhindert – dennoch bekommen auch alle SpielerInnen in Österreich ein neues Handicap. Wirklich sinnvoll ist das neue WHS für Leistungssportler rund um Scratch. Speziell bei hochkarätigen Jugendturnieren erfolgt die Besetzung der Startfelder über die Reihung nach Handicap. Nur eine Zahl: In den nun auslaufenden Stablefordklassen 1 und 2 (bis Stammvorgabe -4,4 bzw. bis -11,4) spielen rund 7,5% aller GolferInnen in Österreich.

Was bedeutet das nun für uns in der MGA?

Ein Satz vorab:
Details über Dinge wie „soft-cap“ und „hard-cap“ uvm. wollen wir an diesem Punkt bewusst auslassen – bei einem 110 Seiten dicken Manual das nun an die Clubs geht, muss man auch den „Mut zur Lücke“ haben. Es gibt auch einen eigenen Modus für „außergewöhnlich gute Runden“ – das trifft für Runden zu, bei denen man etwa 41 – 43 Nettopunkte oder mehr erzielt – die sind in der MGA ausgesprochen selten (4x 41 netto, 2x 42 netto bei 702 gespielten Runden 2020).

Die Mehrheit aller MGA-Mitglieder sind „Bogey und mehr-Golfer“ und hat daher ein Handicap von rund 18 oder höher. Die allermeisten Mitglieder werden nach der Konvertierung ein höheres Handicap haben als bisher – aus „Stammvorgabe“ wird „World Handicap Index“ (WHI).
Wenn man in den 8 besten aus den letzten 20 Turnieren im Schnitt nur 31 Netto erzielt hat, dann kann man davon ausgehen, dass der neue WHI – nach einer Daumen x Pi Schätzung – auch etwa 3 bis 5 Schläge schlechter sein wird als die bisherige Stammvorgabe. 

Die gute Nachricht: Man kann man nie mehr ein Handicap höher als 26,4 haben, wenn man schon mal ein besseres Handicap als diesen Wert erreicht hat.

Das alles hat natürlich AUCH Einfluss auf die Gruppeneinteilungen der MGA in A, B und C.
Detaillierte Entscheidungen wird der Vorstand aber erst treffen können, wenn die WHI`s aller Mitglieder in den Stammblättern eingetragen sind. Nach aktuellem Infostand aus dem ÖGV erwarten wir, dass das etwa im Februar so weit sein wird. Zu einer Prognose lasse ich mich hinreißen: Wenn wir die Handicap-Grenzen für die Klassenzuteilungen in A, B und C nicht ändern, wird die Gruppe C sehr stark anwachsen 😊

Der Wertungsmodus von Turnieren ist davon nicht beeinflusst. Wir werden weiterhin Turniere nach Stableford spielen können, auch das klassische Zählwettspiel bei den ÖJGM für die Gruppen A und B.
Man kann weiterhin bei normalen Stableford-Turnieren „aufheben“ wenn man keinen Score mehr erzielen kann – oder bei den ÖJGM auch à la Tiger (wenn sein Sohn nicht „aushilft“ ) mal eine bittere 10 auf einem Par3 eintragen. Für die Berechnung des „Scoredifferentials“ für dieses Turnier zählt jedoch immer maximal das Netto-Doppelbogey.
Daher gibt’s auch weiterhin Schlagvorgaben je Loch (0-3), um den Wert eines Nettodoppelbogeys zu berechnen.
Man erzielt auch weiterhin Brutto- und Nettopunkte nach Stableford, folglich ergeben sich auch die Platzierungen in den Wertungen weiterhin nach den erzielten Stableford-Punkten  – diese haben allerdings keinen direkten Einfluss mehr auf das Handicap.

Auch nicht ganz unwichtig für die MGA: Bei NO RETURN ohne triftigen Grund (Verletzung, Turnierabbruch wegen „Frau liegt in den Wehen“, etc. obliegt es der Wettspielleitung, einen „Strafscore“ aufzubrummen – davon gab es 9 in der Saison 2020.

Zwei Punkte können bei internationalen Formaten eine Bedeutung bekommen:
a) Course Handicap vs. Playing Handicap:
So wie aus der alten Stammvorgabe nun der World Handicap Index wird, so wird aus der alten Spielvorgabe nun das Playing Handicap. In den meisten Ländern wird dieses dem Coursehandicap entsprechen, das nach der bekannten Formel für die Spielvorgabe errechnet wird. Laut Empfehlung des WHS-Counsils (also im Wesentlichen USGA und R&A) sollte das Playing Handicap 95% des Course Handicaps betragen. Konsequenz ist also: meist ein Schlag weniger Vorgabe. Der ÖGV hat hier eine „ops-out“-Option gezogen – d.h. die ehemaligen Spielvorgaben – oder jetzt neu „Playing Handicaps“ – ändern sich für Pätze in Österreich NICHT. Wie Deutschland oder andere Staaten, in denen internationale Wettkämpfe ausgetragen werden, dies handhaben werden, ist noch nicht bekannt.

b) PCC Playing Conditions Correction
Dieser Wert wird vorerst – also 2021 – in Österreich nicht eingeführt. Er wird im Hintergrund mitgerechnet, um Erfahrungswerte zu sammeln – aber kommt noch nicht zur Anwendung.
In Deutschland wird der PCC nach aktueller Nachrichtenlage aber schon 2021 eingeführt.
So unklar wie dieser Wert in den Dokumentationen auf der Website der USGA definiert ist, ist der „Olt-Out“-Entschluss des ÖGV durchaus nachvollziehbar.

Martin Sellner